Wie können Unternehmen neue Arbeitsmodelle im Recruiting nutzen?

Bewerbungsprozess 09.27.2018

Helen Wellmann ist seit 2016 Inhaberin der Digital-Agentur Koala Digital für SEO & digitale Vermarktung. Nach ihrem BWL-Studium mit Schwerpunkt Internationales Marketing war sie als Online-Marketing-Managerin und Head of Marketing in unterschiedlichen Unternehmen tätig. Im Oktober 2017 gründete Helen Wellmann die Plattform Niuwork.de für modernes arbeiten und ist dort für Strategie im allgemeinen, speziell die SEO- und Vermarktungsstrategie, wie auch für Finanzen und Kundenakquise zuständig. Es wird für Unternehmen immer schwieriger, wichtige Positionen zu besetzen. Der nachweisliche Wertewandel unserer Gesellschaft zeigt, dass immer mehr Menschen das bestehende „9 to 5“-Modell in Frage stellen und flexibel ihrer Arbeit nachgehen möchten – mit Home-Office-Anteil, komplett remote, als Digitale Normaden oder im Jobsharing. Wir wollen Möglichkeiten der Implementierung von „New Work“-Themen in Unternehmen aufzeigen und mit den Teilnehmenden über die Herausforderungen im HR diskutieren. Dieses MeetUp ist Teil der Future Talks bei der herCAREER 2018, Ort und Zeitpunkt finden Sie im Programm. Welche Herausforderungen bringt der Wandel hin zu neuen Arbeitsmodellen für Unternehmen und wie können wir diese überwinden? Helen Wellmann: In erster Linie ist es die Vielzahl an neuen Arbeitsmodellen und Themen, die eine echte Herausforderung darstellen. Die Verantwortlichen in Unternehmen wissen oftmals nicht, wo sie anfangen sollen. Gleichzeitig beeinflussen die Themen meistens die Unternehmenskultur an sich und müssen nicht nur mit der Geschäftsführung, sondern auch mit dem Betriebsrat, den Führungskräften und den Kollegen*innen abgesprochen werden. Das heißt Arbeit neben den alltäglichen Aufgaben, die gar nicht alleine zu stemmen ist. Also wo anfangen? Wir bei NIUWORK fragen deshalb Unternehmen, die bereits moderne Arbeitsmodelle umgesetzt haben, immer nach dem Anfang. Und das Zauberwort heißt: Machen. Letzten Endes sind diese neuen Themen und Modelle wie jedes andere Projekt zu betrachten. Ist der Bedarf da? Was sagen die Mitarbeiter*innen? Welches Thema ist hier am meisten oder am dringendsten gefragt? Mit genau diesem Thema sollten Unternehmen beginnen, denn es wird von den Mitarbeiter*innen mitgetragen und bei Abschluss als positives Vertrauen gesehen. Außerdem: Ist der Wunsch bei dem Großteil der Belegschaft da, warum sollte das Projekt nicht umgesetzt werden können? „Realistisch planen“, ist das zweite Zauberwort. Die Umsetzung neuer Modelle braucht Zeit – und muss im Zweifel immer wieder angeschoben werden. Es lohnt sich auf jeden Fall nicht, hier eine neue Regelung übers Knie zu brechen, nur weil sie vielleicht auf die neue Karrierewebsite soll. „Überlegtes Machen“ würden wir als bestes Vorgehen sehen. Und immer auch die Möglichkeit einräumen, zwei Schritte zurück zu gehen. Der Einsatz lohnt sich auf jeden Fall – das bestätigen uns die Unternehmen immer wieder, die diese Arbeitsmodelle umgesetzt haben. Wie finden wir die für unser Unternehmen richtigen Modelle, um einerseits Mitarbeiter zukünftig eine bessere Work-Life-Balance zu ermöglichen, ohne dabei die Unternehmensziele aus den Augen zu verlieren? Helen Wellmann: Die erste Frage ist natürlich: Was ist das Unternehmensziel? In den meisten Fällen heißt die Antwort: Profitabilität. Im ersten Schritt sollten immer die Mitarbeiter*innen nach ihren Bedürfnissen und Wünschen gefragt werden. Es lohnt schließlich nicht, viel Zeit in ein Modell zu stecken, das am Ende gar nicht genutzt wird. Die Mitarbeiter*innen wissen am besten, was ihnen zur Work-Life-Balance fehlt. Und keine Angst: Vertrauen Sie darauf, dass hier keine Luftschlösser gebaut werden, sondern ehrliche Wünsche geäußert werden. Im zweiten Schritt sollte ganz objektiv geschaut werden, welche der genannten flexiblen Modelle im Unternehmen umsetzbar wären anhand der verschiedenen Aufgabenbereiche. Und hier sollten die Verantwortlichen um die Ecke denken – wir haben eine Zahnarztpraxis im Portfolio, die Home Office für ihre Mitarbeiter*innen anbietet. Oft schrecken Unternehmen an diesem Punkt zurück, da nicht alle Positionen im Unternehmen gleichberechtigt zum Beispiel Home Office in Anspruch nehmen können. Und setzen daher erst gar keine Regelung um. Wir können hier nur ermutigen, es trotzdem zu tun. Im Prozess ergeben sich oft noch andere Möglichkeiten die Work-Life-Balance bei den verschiedenen Abteilungen zu fördern – um die Ecke denken ist das Stichwort. Wie passen jetzt Unternehmensziel und flexible Modelle zusammen? Es gibt unzählige Studien darüber, dass zum Beispiel Home-Office-Anteile zu einer höheren Produktivität führen, zu weniger inneren Kündigungen und zufriedeneren Mitarbeiter*innen. Das hat zum einen mit der Flexibilität zu tun, das Privat- und das Berufsleben besser zu vereinbaren, zum anderen aber auch ganz einfach mit dem Vertrauen, das die Mitarbeiter*innen erfahren. Im Übrigen wissen die Mitarbeiter*innen selbst am besten, wo sie arbeiten können – viele nutzen Home Office nur ein paar Mal im Monat. Aber sie wissen: Sie könnten, wenn sie wollten. Das macht es aus. Was ist Ihr Rat für Unternehmen, besonders die Personalabteilung, wie sie eine für sie passende Strategie erarbeiten können? Helen Wellmann: Der Grundbaustein für jede Strategie im HR-Marketing sollten die Bedürfnisse der Mitarbeiter*innen sein. Führen Sie eine anonyme Befragung durch und finden Sie heraus, was wirklich fehlt in Ihrem Unternehmen. Bevor Sie dies tun, sollten Sie sich jedoch den Rückhalt bei der Geschäftsführung holen. Auch wenn man hier noch nicht in die Hände klatscht vor Freude, sollte der Wille zu einer Veränderung da sein. Ansonsten sind die befragten Mitarbeiter*innen enttäuscht, dass sie ihre Bedürfnisse äußern und nichts damit passiert. Suchen Sie sich auf jeden Fall auch in den unterschiedlichen Abteilungen und Unternehmensebenen Mitstreiter*innen, die an dem Projekt beteiligt sind. Nehmen Sie wirklich alle Bedenken, Fragen, Vorurteile gegenüber Ihrem Projekt auf und vor allem auch ernst: Sie müssen alle im Unternehmen wenigstens im Ansatz überzeugen und das tun Sie am besten, indem Sie ihren Bedenken einen Platz geben. Überlegen und formulieren Sie für diese Lösungen und sprechen Sie diese wiederum mit den Beteiligten ab. Es wird in den meisten Fällen keine „ad hoc“-Lösung geben. Dafür aber eine, mit der sich die Belegschaft identifizieren kann. Gleichzeitig sollten Sie immer daran denken, dass es eine/n geben muss, der sie Sache anpackt. Dann kommen die anderen schon mit. Das Interview mit Helen Wellmann führte das Team der herCAREER. Dieses Meetup findet im Rahmen der Themenreihe „From HR to HR“ auf der herCAREER, der Karrieremesse für Absolventinnen, Frauen in Fach- und Führungspositionen und Existenzgründerinnen, die vom 11. bis 12. Oktober 2018 im MTC München statt.

Sebastian Ofer

Editor in Chief

Sebastian Ofer ist Chefredakteur der Online-Portale HRM.de und HRM.ch sowie des TALENTpro-Blogs. Der Journalist und studierte Germanist hat ein sicheres Auge für spannende personalwirtschaftliche Themengebiete und die neusten Trends der Arbeitswelt.

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