Der Digital Native und das Fax: Employer Branding muss nach außen und innen wirken

Employer Branding 03.04.2020
Employer Branding Interne Kommunikation

Was ist zeitgemäßes Employer Branding? Dieser Frage nimmt sich das Content Marketing Forum (CMF) in einem Interview mit Branchenexperte Werner Idstein von der Profilwerkstatt an. Der studierte Physiker und Wissenschaftsjournalist verfügt über langjährige Erfahrung im Employer Branding und der Internen Kommunikation. In Verlagen und Agenturen war er unter anderem als Chefredakteur und Geschäftsführer für zahlreiche Konzepte im Zusammenhang mit der Arbeitgebermarke sowie für Mitarbeiter- und Kundenmedien verantwortlich. Als Direktor Content Marketing bei der Profilwerkstatt kümmert sich Werner Idstein vor allem um die Beratung rund um die strategische Ausrichtung der Kommunikation von Unternehmen.

Am Anfang von Employer-Branding-Maßnahmen steht im Idealfall eine Employer Value Proposition (EVP). Doch wie kommt man von diesen Wertversprechen zu einer Story, die potenzielle Bewerber und Mitarbeiter einfängt?

Werner Idstein: Kommunikativ gesehen funktioniert das wie eine Art Pyramide. Ganz oben stehen die Werte der EVP. Diese leiten sich von den Werten der Marke und des Unternehmens ab. Sie sind ein Teil oder eine Spezifizierung dieser Unternehmenswerte und werden auf wenige Begriffe zugespitzt wie Vertrauen, Respekt oder Forschergeist. Im Unternehmensalltag gibt es Aspekte, die mit diesen Schlagworten zu tun haben – das ist die zweite Ebene der Pyramide. Etwa eine wertschätzende Führungskultur, die Haltung des Unternehmens zur Work-Life-Balance und andere Aspekte der Unternehmenskultur. Als dritte und unterste Ebene der Pyramide brauche ich dann Proof Points, die belegen, dass sich das im Arbeitsalltag konkret nachweisen lässt. Nehmen wir als Beispiel Work-Life-Balance: Wo gibt es wirklich Gestaltungsspielraum für den Mitarbeiter wie Home-Office, flexible Arbeitszeiten, Unterstützung für die Familie etc.?

Die Geschichten für eine Employer-Branding-Content-Kampagne liegen auf dieser untersten Ebene der Pyramide – und können mehr oder weniger spektakulär sein. Wichtig ist, dass sie aus dem Unternehmen und aus dem Alltag kommen. Das kann auch mal die Erwartungshaltung potenzieller Mitarbeiter sein. Wir haben etwa für einen Kunden Uniabsolventen eines Ingenieursstudiengangs nach ihren Erwartungen an einen Arbeitgeber befragt und die Antwort des Unternehmens darauf als Basis für die Employer-Branding-Stories genommen.

Es gibt im Employer Branding keinen Kanal, der nicht bedient wird, und das ist auch richtig so.

Werner Idstein

Welche Kanäle empfehlen Sie für Employer Branding und wie gelingt die richtige Channelmischung?

Idstein: Es gibt im Employer Branding keinen Kanal, der nicht bedient wird, und das ist auch richtig so. Es geht allein darum, wo ich die Zielgruppe erreiche. Wenn ich – etwas plakativ dargestellt – Mitarbeiter mit Fachexpertise, hoher Exzellenz, viel Erfahrung, Internationalität und einer Vision suche, dann gehe ich auf LinkedIn. Azubis suche ich dann vielleicht eher auf Instagram. Wenn ich regional suche, sind auch Klassiker wie Plakate oder Anzeigen in Regionalzeitungen wichtige Kanäle. Und Veranstaltungen sind und bleiben im Employer Branding ein Dauerbrenner, gerade für die Rekrutierung von Nachwuchs. Hier spielt der direkte Kontakt eine wichtige Rolle.

Kommen auch die Mitarbeiter ins Spiel, die schon bei dem Unternehmen arbeiten? Stichwort Empfehlungen …

Idstein: Das ist ein wichtiger Punkt. Ich muss eine Reputation als Arbeitgeber ausbilden und das funktioniert nur durch gutes Employer Branding nach innen – und dabei darf ich bei allem Digitalen nicht die Mitarbeiter vergessen, die nicht am Computer arbeiten. Sie sind genauso Botschafter meiner Arbeitgebermarke und müssen Zugang zu den internen Maßnahmen haben. Wenn meine Mitarbeiter das Unternehmen als Arbeitgeber empfehlen habe ich schon viel gewonnen. Übrigens gilt das auch für die Führungsebene. Ich wundere mich oft, wie wenig die Aufmerksamkeit, die Unternehmenschefs wieder zunehmend in den Medien genießen, in diesem Sinne genutzt wird.

Die zwei Schlagworte, die gerade im Zentrum der Aufmerksamkeit stehen sind Employee Experience und Employee Lifecycle.

Werner Idstein

Wie kann das organisatorisch gelingen? Besonders in großen Unternehmen, wo es für jede Kommunikationsform eine eigene Abteilung gibt?

Idstein: Ich betrachte Employer Branding tatsächlich als unternehmerische Gesamtaufgabe und nicht als isoliertes HR-Thema. Wichtig ist das Zusammenspiel mit Marketing, Unternehmenskommunikation und Brandabteilung. Nur so kann es gelingen, dass es keine Widersprüche in den Aussagen nach außen und innen gibt. Ansonsten fallen diese immer auf das Unternehmen zurück.

Was sind aktuell die Trends im internen und externen Employer Branding?

Idstein: Die zwei Schlagworte, die gerade im Zentrum der Aufmerksamkeit stehen sind Employee Experience und Employee Lifecycle.

Die Employee Experience ist quasi die Customer Journey der Internen Kommunikation. Dabei geht es darum welche Erfahrungen der Mitarbeiter mit seinem Unternehmen im Alltag macht. Wenn ich als Digital Native in ein Unternehmen komme, das noch Faxe versendet, dann ist das ein Kulturschock. Deswegen ist es wichtig sich bewusst zu machen, wie die Arbeitswelt eines Mitarbeiters zu seinem sonstigen Leben passt. Kann sich der Digital Native in dem Unternehmen mit dem Fax auf dessen Kommunikationskultur einstellen?

Der Lifecycle-Aspekt setzt noch früher an, nämlich im gesamten Prozess vom Kennenlernen des Unternehmens über die Bewerbung bis hin zur Karriereentwicklung. Die zentrale Frage dabei ist, ob die Erfahrung mit dem Unternehmen positiv und durchgängig ist. Da stehen viele prozessuale Fragen und Fragen der Unternehmenskultur dahinter: Wie wird mit Bewerbern umgegangen, gibt es einen strukturierten Onboardingprozess, wird der Mitarbeiter zwischen der Vertragsunterschrift und dem Arbeitsbeginn schon an das Unternehmen herangeführt? Hat der neue Mitarbeiter von Anfang an die Möglichkeit sich einzubringen, wird auf seine Sicht und sein Feedback Wert gelegt? Wenn ich einen neuen Mitarbeiter nach sechs Wochen frage, was er in meinem Unternehmen gut und schlecht bewertet, kriege ich kostenlose Unternehmensberatung – das wird nur viel zu selten genutzt!

Content-Marketing-Forum

Das Content – Marketing – Forum CMF ist die Gemeinschaft der Interessen der führenden Dienstleister für inhaltsgetriebene Kommunikation im Unternehmen im deutschsprachigen Raum. Der Verband vergibt jährlich den Best of Content Marketing Award – unter anderem in der Kategorie Employer Branding.

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